Haiku und Tanka, Jotin, 02. Oktober 2013: Symbolhafte Darstellungen als Abbilder der Absoluten Wirklichkeit

Symbolhafte Darstellungen als Abbilder der Absoluten Wirklichkeit

 

Kalligraphie Mitgefühl von Christine Lehmann

 

 

Kalligraphie „Mitgefühl“ von Christine Lehmann – ein Abbild der siebten Ebene (Foto Christine Lehmann)

 

Was ist das – ein von Menschen geschaffenes Abbild der siebten Ebene? Um diese Frage zu beantworten, ist es sinnvoll, zunächst einmal darüber nachzudenken, was die siebte Ebene denn überhaupt zu sein scheint. Nach der Überlieferung und der Zählung des Autors ist die siebte Ebene die göttliche Ebene, die Ebene des Schöpfers und damit auch die Ebene des Uranfangs. Als die göttliche Ebene ist die siebte Ebene auch die höchste, die absolute Wirklichkeit. Weiter stellt sich nun die Frage, als was die göttliche, die Ebene des Schöpfers bzw. die Ebene des Uranfangs denn aufgefasst werden kann.
Wie zum Teil bereits im letzten Weblog beschrieben, hat der Autor über die siebte Ebene folgendes herausgefunden: In tiefer Meditation kann er durch einen Willensakt auf die siebte Ebene gelangen. Hier findet er dann alle Dinge und Wesenheiten der Welt und in jedem Ding und jeder Wesenheit der Welt findet er noch einmal alle Dinge und Wesenheiten der Welt, alles also in unendlicher Weise vervielfacht. Wenn man die Dinge der Welt als unendlich auffasst – zumindest für die Zahlen trifft dies ja zu, als erstes für die natürlichen Zahlen 1, 2, 3 usw.,  in der Mathematik rechnet man mit Unendlichkeiten -, so enthält die siebte Ebene unendlich viele Unendlichkeiten.
(Die  Beobachtung, dass alles in allem enthalten ist, bedeutet wohl auch, dass alles mit allem verbunden ist und auch voneinander abhängt. Das ist eine der Grund-Aussagen des Mahayana-Buddhismus.)
In den von Menschen geschaffenen Abbildern der siebten Ebene findet der Autor ebenfalls alle Dinge und Wesenheiten der Welt, allerdings dann ihnen  weiterhin im Gegensatz zur siebten Ebene nicht noch einmal alle Dinge und Wesenheiten der Welt. Ein Abbild der siebten Ebene kann also als ein einzelnes Element der siebten Ebene mit allen Elementen der Welt aufgefasst werden.

Um dies noch einmal zu betonen: Die Ebene des Schöpfers enthält alle Elemente der Welt und in jedem dieser Elemente ist noch einmal die ganze Welt enthalten; ein von Menschen geschaffenes Abbild der Ebene des Schöpfers aber enthält nur eines oder einige wenige dieser Elemente der Ebene des Schöpfers, in denen alle Elementen der Welt enthalten sind.
Ein von Menschen geschaffenes Abbild der Ebene des Schöpfers enthält also für das normale Auge sichtbar symbolhaft ein oder mehrere Elemente der Ebene des Schöpfers, für das normale Auge unsichtbar und nur für das geistige Auge sichtbar aber die ganze Welt. Noch wichtiger aber erscheint dem Autor, dass ein solches Abbild unmittelbar mit der Ebene des Schöpfers verbindet und wie diese eine Quelle unerschöpflicher feinstofflicher Energie darstellt.
In den von Menschen geschaffenen Abbildern der Ebene des Schöpfers sind in besonderem Masse heilige Kräfte gegenwärtig, wie sie weniger stark mit jeder heiligen Stätte und überhaupt allem Heiligem in Verbindung stehen. Wer ein Abbild der Ebene des Schöpfers in seine Meditation einbezieht, kann an diesen heiligen Kräften teilhaben.

In der indischen Philosophie wird die höchste oder absolute Wirklichkeit allein Brahman zugeschrieben. Gewiss kann man die siebte Ebene, die Schöpferebene als die ureigenste Sphäre von Brahman ansehen. Aufgrund dessen kann man auch annehmen, dass die höchste oder absolute Wirklichkeit identisch mit der siebten Ebene ist. Von Menschen geschaffene Abbilder der siebten Ebene stellen damit eine unmittelbare Verbindung zur höchsten und absoluten Wirklichkeit dar.

Man muss unterscheiden zwischen den Dingen und Wesenheiten, die sich nur bzw. nur mit ihrem Wesenskern auf der siebten Ebene aufhalten und solchen, die auf den tieferen Ebenen des Seins einschließlich der  grobstofflichen ihren Hauptstandort haben. (Das höhere Selbst nimmt dabei anscheinend eine Zwischenstellung ein. Es ist eine Wesenheit der siebten Ebene, gleichzeitig aber auch auf den unteren Ebenen einschließlich der grobstofflichen Ebene zu Hause.)

Aussagen über die Räume der siebten Ebene finden sich in der hebräischen Mystik. Dort wird zwischen sieben Himmeln zu je sieben Hechalot (Sälen, Palästen) unterschieden, welche der Mensch, geführt von Engeln, auf seinem Weg zu Gott durchschreitet. Das sind insgesamt 49 Paläste, der 50. ist dann die eigentliche siebte Ebene bzw. ihr Kern. Der Weg dorthin manifestiert sich im Menschen nach Friedrich Weinreb in einer sich steigernden Erkenntnis, Intensität der Erlebnisse, Reinheit und Sanftmut, so dass der Mensch schließlich, wie es heißt, einem Engel gleich wird.
Die Wesenheiten auf der Ebene des Schöpfers, die einmal Menschen waren, lassen sich jetzt nicht mehr als solche ansprechen. Sie sind aufgestiegen und Energie-Wesen, die eine Zeitlang als Menschen gelebt haben. (Die drei Selbste des Menschen, höheres, mittleres und unteres Selbst sind anscheinend in ihnen weitgehend oder völlig verschmolzen.) Nach der Überlieferung trägt einer der hier beheimateten Erzengel den Namen Metatron. Bestimmte religiöse Schulen betrachten ihn als den von Gott in den Status eines Seraphim erhobenen Henoch.

Das Dharma-Tor der Nicht-Zweiheit zu durchschreiten sowie der Eintritt in die Leerheit, die voller feinstofflicher Energie ist, sind im Mahayana-Buddhismus Bezeichnungen bzw. Wege dafür, das dualistische, schlussfolgernde Denken zu überwinden und sich der höchsten Wirklichkeit anzunähern, die begrifflich nicht fassbar, aber voller feinstofflicher Energie und höchster Erkenntnis ist. Voraussetzung für eine erfolgreiche Meditation, bei der feinstoffliche Energie für die Transformation hin zur Erleuchtung angesammelt wird, ist das „Nicht-Denken“, wie die Überwindung des dualistischen schlussfolgernden Denkens auch genannt werden kann. Das ist eine der grundlegenden Erfahrungen des Autors, wie sie u.a. aber auch schon in dem Basistext daoistischer Meditation aus dem 12. Jahrhundert „Die Erfahrung der Goldenen Blüte“ klar formuliert wurde. Gedanken, die während der Meditation auftauchen, werden nicht weiter verfolgt. Die Wiederholung eines Mantras ohne dabei irgendwelche Überlegungen anzustellen, ist schon Nicht-Denken. Dabei wird feinstoffliche Energie angesammelt, und zwar umso mehr, je weniger häufig man Gedanken anhängt und je tiefer man in der Meditation versinkt. Dass sich das höhere Selbst an der Meditation beteiligt, wird dabei vorausgesetzt. Ohne Beteiligung des höheren Selbst wird keine feinstoffliche Energie angesammelt. Je mehr sich das höhere Selbst an der Meditation beteiligt, umso größere Energie-Mengen fließen und umso mehr Energie wird angesammelt. Das höhere Selbst verfügt anscheinend über ein unbegrenztes Energie-Potential. Es ist mit dem Ursprung verbunden, weil es ein Teil davon ist. Es schöpft seine Energie aus der Leerheit. Man muss nicht auf die siebte Ebene gehen, damit das höhere Selbst feinstoffliche Energie aus der Leerheit schöpfen kann. Es reicht, wenn man sich im Geist mit der Leerheit verbindet, um Energie aus ihr zu schöpfen, genauer, damit das höhere Selbst Energie aus ihr schöpfen kann. Der Geist macht sich dann sozusagen ein symbolisches Abbild von der Leerheit bzw. der siebten Ebene.
Eine Frau kann zwar nicht nur ein wenig schwanger sein. Sie ist entweder schwanger oder sie ist es nicht. Mit dem höheren Selbst aber ist es so, dass es sich von wenig bis  viel und sehr viel an einer Meditation beteiligen kann und damit auch nur wenig bis sehr viel feinstoffliche Energie angesammelt wird.
Nicht zwei sind Leben und Tod, nicht zwei sind auch Liebe und Hass und überhaupt alle Gegensätze, heißt es in der Lehre von der Nicht-Zweiheit im Mahayana-Buddhismus. Die Nicht-Zweiheit lässt sich mit den auf der siebten Ebene herrschenden Gesetzmäßigkeiten verstehen. Wenn man dort die Liebe aufruft, dann ist darin auch der Hass enthalten wie auch alle anderen Dinge. Liebe und Hass sind bedingt durch alles, was existiert und damit leer von einer selbständigen Existenz und da dies auch für alle anderen Dinge gilt, stellt die siebte Ebene auch die  Leerheit der Buddhisten  bzw. das DAO der Daoisten dar.

Wenn Christine Lehmann ihre Kalligraphie „Mitgefühl“ im Geist eines idealen Ikonen-Malers gemalt hat und auf diese Weise ein Bild der siebten Ebene entstanden ist, dann kann man annehmen, dass auch die Ikonen der Ikonen-Maler mitunter Abbilder der siebten Ebene sind. Tatsächlich fand der Autor auch eine Ikone, die ein Abbild der siebten Ebene darstellt, nämlich die folgende, welche die Verklärung Jesu auf dem Berge Tabor zeigt.

 

Verklärung Jesu auf dem Berg Tabor

 

Darstellung der Verklärung Jesu auf einer Ikone des frühen 15. Jahrhunderts (Wikimedia commons)
Maler Feofan Grek, Meister von Andrej Rubljow (Heilige Dreifaltigkeit), Standort Tretyakov Gallery Moskau

 

In den Ostkirchen mit ihrer Lehre vom ungeschaffenen Licht spielt das Fest der Verklärung Christi eine wichtigere Rolle als in den Westkirchen. Eine Richtung in der Ostkirche lehrt, das Licht der Verklärung Jesu, das sogenannte Tabor-Licht könne von Betenden wahrgenommen werden. Das Licht, das von den drei Aposteln gesehen worden sei, soll jedem in rechter Weise Betenden zugänglich sein, wenn er seine Seele gereinigt habe. Die Lichtwahrnehmungen der Betenden werden mit dem Licht gleichgesetzt, das die Apostel bei der Verklärung des Herrn sahen. Es soll auch das Licht der zukünftigen Welt sein. Die Orthodoxe Kirche sieht in der Verklärung Jesu auch ein Vorabbild der Vergöttlichung des Menschen.

Die Verklärung Jesu bezeichnet ein Offenbarungs-Ereignis, das nach den Evangelisten drei Apostel mit Jesus Christus erlebten, als sie ihn in verklärter Form in Begleitung von Moses und Elias sahen.
Jesus stieg mit den Jüngern Petrus, Jakobus und Johannes auf einen Berg, um dort zu beten.  Während er auf dem Gipfel des Berges betete, veränderte sich das Aussehen seines Gesichtes und sein Gewand wurde leuchtend weiß. Vor den drei Jüngern wird Jesus von überirdischem Licht überstrahlt („verklärt“). Der Evangelist Matthäus schreibt: „Sein Antlitz strahlte wie die Sonne und seine Kleider wurden weiß wie das Licht.“ Es erscheinen Moses und Elias  und sprechen mit ihm. Die drei Apostel fallen vor Schrecken zu Boden. Gott erscheint verborgen in einer Wolke und spricht zu ihnen.

Abbilder der siebten Ebene sind sehr selten und anscheinend nur im religiösen Bereich zu finden. Der Autor ist fast geneigt, sie als Jahrhundert-Ereignisse der religiösen Kunst zu bezeichnen.
Auch Jakobs Himmelsleiter von William Blake stellt ein Abbild der siebten Ebene dar.

 

William Blake, Himmelsleiter

 

 

Jakobs Himmelsleiter von William Blake (1799-1800)  (Wikimedia commons)

 

Jakobs Himmelsleiter ist ein Auf- und Abstieg zwischen Erde und Himmel, den Jakob in einer Traumvision erblickt. Die Leiter stand auf der Erde und ihre Spitze reichte in den Himmel Auf ihr sieht er Engel, die auf- und niedersteigen oben aber steht Gott, der sich als der Gott Abrahams und Isaaks bezeichnet und ihm Land und Nachkommen verheißt.

Auch unter afrikanischen Kunstwerken fand der Autor zwei Abbilder der siebten Ebene. Eines ist bei den Shaba in Zaire ein Altar der Geister. Sie dient einem Ahn, dessen Schutz man für sich in Anspruch nimmt, als Wohnstätte. Das andere stellt bei dem Se´noufo-Volk die fünf Urformen dar, die vorhanden waren, als vor der Erschaffung des Menschen noch das Chaos herrschte. Es sind fünf ursprüngliche Tierformen auf einem Türflügel, der zu einem Heiligtum gehört hatte. (Kunstwerke aus Clementine Faik-Nzuji: „Die Macht des Sakralen, Mensch, Natur und Kunst in Afrika, Eine Reise nach Innen“, Walter Verlag, 1993)

Unter buddhistischen Kunstwerken fand der Autor nach längerem Suchen ebenfalls  Abbilder der siebten Ebene, unter anderem ein Tangka mit einem vorweltlichen Buddha sowie Elementen der Vorwelt in der Form von Symbolen. Nach einer Stelle im Lotus-Sutra ist der vorzeitliche „Buddha vieler Schätze“ in einem reich geschmückten Stupa erschienen und hat dem historischen Buddha einen Platz an seiner Seite eingeräumt. Als die vorweltliche Einheit unterging, entstand eine Vielheit – die Welt.

Desweiteren fand der Autor eine Statue des Vairocana in einem buddhistischen Tempel in Japan als Abbild der siebten Ebene.

Der Buddha Vairocana gilt als die Verkörperung des universellen Naturgesetzes und soll das ganze Universum durchstrahlen. Er ist, wie bereits im letzten Weblog ausgeführt, das zentrale Symbol des Avatamsaka-Sutra, nachdem Geist und Materie eins sind und einander in unendlicher wechselseitiger Abhängigkeit gegenseitig bedingen.

 

Vairocana siebte Ebene

 

 

Foto Buddha Dainichi-nyorai (Vairocana, Ausschnitt aus einem Foto ( Wikimedia commons) aus der großen Lehrhalle (Dai-dempo-do) des Negoro-Tempels in Iwade (Präfektur Wakayama, Japan) von Wolfgang Michel (Japanologe).

 

Nebeneinander stehen dort die Statuen von Kongō-Satta, Dainichi-nyorai (Vairocana) und Sonshō-butchō. Vairocana nimmt die Mitte ein. Nur seine Statue ist ein Abbild der siebten Ebene, die beiden anderen sind Abbilder der 3. Ebene.

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