Störungen der Meditation durch sinnliches Verlangen und Gesichter, den Mitteln Maras, des Herrn der Welt, und wie man sich diesen Störungen entziehen kann.
In der Morgen-Dämmerung des Vollmond-Tages im Monat Vesak, im Jahre 525 v.Chr., erkannte der Buddha der Überlieferung nach während seiner Erleuchtung die vier edlen Wahrheiten: das Leiden, der Grund des Leidens, die Aufhebung des Leidens und der Weg, der zur Aufhebung des Leidens führt. (Buddha erlangte seine Erleuchtung nach der Meditations-Lehre des Yoga. Es ist kein Zufall, dass dies zur Zeit des Vollmondes geschah. Allem Anschein bestand schon vor Buddha die Tradition, dass die zur Erleuchtung führenden Einweihungen – dies können viele sein – von jenseitigen Wesenheiten während des Vollmondes vorgenommen werden. So ist es heute immer noch.)
Als Buddha unter dem Bodhi-Baum sitzt und kurz davor steht, seine Erleuchtung zu erlangen, sucht einer Legende nach Mara, der Herr der Welt, ihn daran zu hindern. (Mara ist ein Sanskritwort, das von sterben abgeleitet ist.) Obwohl Mara in manchen Texten als Teufel bezeichnet wird, kann er nicht mit Luzifer im Christentum oder Loki in der germanischen Mythologie gleichgesetzt werden. Mara vertritt nicht das Prinzip des Bösen, sondern ist vielmehr der Herr über die Werde- und Wandelwelt und damit Herr über die Geistwesen, die dem Menschengeschlecht und auch den höheren Tieren dabei helfen zu überleben. Er schickt seine schönen Töchter, die Buddha verführen sollen. Mara schlüpft hier in die Rolle eines Liebesgottes, ohne den das höhere Leben auf der Erde möglicherweise schon längst erloschen wäre. Das kontemplative Leben eines Mönches wird durch die Liebe zwischen den Geschlechtern gestört. Deshalb werden die Gottheiten der sinnliche Liebe von den buddhistischen Mönchen als dämonenhafte Wesenheiten gesehen, die es zu vertreiben gilt. Ähnlich sehen dies die christlichen Mönche. Buddha hat erkannt, dass auch die sinnliche Liebe Leiden ist bzw. zu Leiden führt. Er vergleicht die sinnliche Liebe mit dem Trinken von Salzwasser, das immer noch durstiger macht. Er sieht auch, dass die Schönheit des Körpers rasch dahinwelkt. Weil Buddha diese Erkenntnisse verinnerlicht hat, kann er den Versuchungen durch die Töchter Maras widerstehen.
Es gibt eine Reihe von Faktoren, die es schwer machen, sich tiefer zu versenken, nachdem man zu meditieren begonnen hat. Dazu gehören aufwühlende Ereignisse, die man gesehen oder von denen man gehört hat, vor kurzem geführte Gespräche mit anderen Menschen, die einen bewegt haben, desweiteren Ärger, Sorgen, Hunger, sinnliches Verlangen nach der Frau, die man liebt. Das sind Störfaktoren der Meditation, die ihre Ursachen in der äußeren materiellen Welt haben. Wenn es gelingt, sich zu versenken, so verblassen die damit verbundenen Gefühle und Gedanken allmählich. Man gewinnt Abstand zu seinen Problemen, erhebt sich sozusagen über sie. Sorgen, Ärger und Wünsche verringern sich während der Meditation allmählich immer mehr. Dies ist eine der segensreichen Wirkungen der Meditation, die im Verlauf jeder Meditation erfahren werden können. Bei regelmäßiger Versenkung stellen sich langfristig weitere positive Wirkungen ein.
Die Meditation kann weiterhin auch durch Faktoren gestört werden, die ihre Ursachen im Feinstofflichen haben. Hierzu gehört z.B. das Auftauchen von (fratzenhaften) Gesichtern sowie unförmigen Gestalten, die in der Versenkung plötzlich mit dem inneren Auge gesehen werden. In der Versuchung Buddhas durch Mara, den Herren der Welt, werden sie als eines der Mittel geschildert, mit dem Mara die Erleuchtung Buddhas zu verhindern sucht. Der Autor wurde, als er zu meditieren begann, häufig durch solche Bilder aus der Versenkung herausgerissen. Er kennt auch andere Personen, bei denen dies der Fall war. Anscheinend sind dies mitunter Gesichter von Geistwesen, von Verstorbenen z.B., die sich auf diese Weise bemerkbar machen wollen. Es kann sein, dass sie dies tun, weil sie Hilfe benötigen. In einem solchen Fall sollte man sie vielleicht wiederholt segnen, um ihnen auf diese Weise Kraft zu geben. Es gibt aber auch noch eine andere Methode, sich den Störungen durch plötzlich auftauchende Gesichter und Gestalten zu entziehen. Man muss sich hierzu nur durch einen Willensakt auf eine höhere Ebene begeben. Anscheinend tauchen diese Bilder hauptsächlich auf der erdnahen zweiten Ebene auf. Man kann sich auch durch einen Willensakt auf alle Ebenen gleichzeitig begeben, so seltsam das auch klingt. Vorbild hierfür sind für den Autor tibetische Mönche. Unsere feinstofflichen Körper für die verschiedenen Ebenen des Seins sind dann alle gleichzeitig aktiviert. Wenn man sich durch einen Willensakt auf eine der höheren Ebenen oder auf alle Ebenen gleichzeitig begibt, dann verschwinden die Gesichter und Gestalten vor dem inneren Auge sofort und man kann weiter meditieren, ohne durch sie gestört zu werden.
Der Buddhismus hat als Hintergrund Philosophie und religiöse Erfahrungen Indiens, neben der Meditationslehre des Yoga auch die vielfältige Götterwelt, die hier verehrt wird. Die indischen Göttinnen erscheinen darin mitunter in doppelter Gestalt, in lieblicher und in furchterregender, so wie das Leben mit uns umspringt. Die Gattin Shivas wird als hingebungsvolle und liebevolle Parvati (Berggöttin) oder Durga, aber auch als bluttrinkende Kali mit heraushängender Zunge, behängt mit Gliedmaßen und Totenschädeln verehrt. Aus der Verbindung von Shivas und Durgas Energie geht nach Armin Risi: Gott und die Götter die materielle Welt hervor. Die Kombination Shiva-Durga soll unmittelbar bewirken, dass in der materiellen Welt alles aus polaren Kombinationen besteht. Vishnu selber, der Ursprung, befindet sich jenseits davon in der höchsten göttlichen Einheit und ist nicht Teil der Dualität.
Kali, die Parallelform von Parvati/Durga, ist die Personifikation von Kala, der Zeit als des allesvernichtenden Aspektes Gottes in der materiellen Schöpfung. Yogis und die Gottgeweihten (und natürlich auch Buddha sowie die Bodhisattvas, nachdem sie einen bestimmten Grad der Erleuchtung erlangt haben) sollen den Kala-Aspekt der Zeit überwinden, indem sie sich direkt mit dem Quell der spirituellen Energie, nämlich Gott, verbinden.